"Ehegattensplitting" in der Kritik: Drohen höhere Steuern für Paare?
Ein Fachbegriff fällt im Bundestagswahlkampf 2021 immer wieder: Ehegattensplitting. Jetzt spricht sich einer der bekanntesten deutschen Ökonomen dagegen aus. Was sich hinter dem Begriff verbirgt.
Mit Begriffen aus dem Steuerrecht bringen Politikerinnen und Politiker das Publikum üblicherweise nicht zum Jubeln - einmal ausgenommen den Fall, es besteht aus Steuerberatern. Das sogenannte Ehegattensplitting fällt trotzdem in fast jeder Diskussion zur Bundestagswahl 2021. Nicht ohne Grund: Diese Berechnungsmethode hat großen Einfluss darauf, wie viel Geld bei Ehepaaren am Ende des Monats auf dem Konto landet, besonders wenn einer der beiden Partner ein hohes Einkommen hat. Und umgekehrt wirkt sich das Ehegattensplitting auch darauf aus, wie viel stärker unverheiratete Personen im Vergleich zu Eheleuten belastet werden.
Ehepaare und Lebenspartnerschaften, die nicht dauerhaft getrennt leben oder sich selbst für eine getrennte Besteuerung entscheiden, werden bisher nach dem Ehegattensplitting besteuert. Das funktioniert so: Zuerst wird das Einkommen beider Partner addiert, dann halbiert, anschließend die Steuerschuld pro Hälfte wieder addiert. Das klingt kompliziert, hat aber einen einfachen Effekt: Verdient einer der Partner besonders viel Geld, wird sein Steuersatz durch das niedrigere Einkommen des anderen Partners etwas heruntergezogen. Noch dazu ermöglicht das Ehegattensplitting, dass selbst die Steuerfreibeträge von Personen, die überhaupt nichts verdienen, die Steuerlast reduzieren.
Paare sparen sich durch Ehegattensplitting bis zu 16.200 Euro pro Jahr
Dadurch ergibt sich ein sogenannter Splittingvorteil. Das ist der Betrag, den sich verheiratete Paare durch das Ehegattensplitting gegenüber einem unverheirateten Paar sparen. Dieses kann das Ehegattensplitting nämlich nicht nutzen, der besser verdienende Partner muss also genau den Steuersatz entrichten, der seinem eigenen Einkommen entspricht. Er wird nicht durch das niedrige Einkommen des anderen Partners gesenkt.
Die Vereinigte Lohnsteuerhilfe veranschaulicht das mit einem Rechenbeispiel für das Jahr 2020 so: Angenommen, ein Paar verdient gemeinsam 60.000 Euro im Jahr, wobei ein Partner 45.000 Euro verdient, der andere nur 15.000 Euro. Ist es unverheiratet, zahlt einer 10.244 Euro, der andere 1085 Euro - macht insgesamt 11.329 Euro. Wäre dasselbe Paar verheiratet, würde sein Einkommen gemeinsam versteuert. 10.374 Euro Steuern müsste es entrichten, dank des Ehegattensplittings also 955 Euro weniger, als wenn es nicht verheiratet wäre.
Steigen die Einkommen, sind noch deutlich höhere Ersparnisse möglich. Bei einem gemeinsamen Einkommen von über 510.000 Euro sparen Paare so bis zu 16.200 Euro pro Jahr, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung errechnet hat. Je größer der Unterschied zwischen den Einkommen der beiden Partner ist, desto stärker wächst der Splittingvorteil. Verdient die Person mit geringerem Einkommen mehr, schrumpft der Steuervorteil. Die Kritik: Die Partner mit geringerem Einkommen - häufig sind das Frauen - würden so ermuntert, einem Beruf in geringerem Maße oder überhaupt nicht nachzugehen.
Manche Politiker und Experten wollen das Ehegattensplitting deshalb abschaffen oder verändern. Jetzt schlägt auch Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts in München, eine Reform des Verfahrens vor. „Aus ökonomischer Sicht setzt das Ehegattensplitting für die Zweitverdiener, in der Regel Frauen, starke Anreize, nicht erwerbstätig zu sein oder allenfalls eine Teilzeitstelle anzunehmen – und sich stattdessen auf Haushaltsarbeit und Kindererziehung zu konzentrieren", sagt er. Er schlägt stattdessen das sogenannte Realsplitting vor.
ifo-Ökonom Fuest fordert Realsplitting statt Ehegattensplitting
Dabei würden die Ehepartner im Prinzip unabhängig voneinander besteuert. Allerdings kann der besser verdienende Partner steuerlich einen gewissen Betrag auf denjenigen mit dem geringeren Einkommen übertragen. Das sei sinnvoll, weil die Ehepartner gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet sind, betont Fuest. Die Arbeitsanreize für den Zweitverdiener würden zwar nicht so stark eingeschränkt wie beim Ehegattensplitting, allerdings wäre die Zahl derjenigen, die dadurch stärker einer Beschäftigung nachgehen, dennoch überschaubar. Allerdings würden die Steuereinnahmen des Staates nach Fuests Vorschlag steigen: Würde das Realsplitting eingeführt, müssten viele verheiratete Paare mehr Steuern zahlen als bisher.
Fuest hält die Steuerpolitik daher nur für einen Pfeiler, um die Frauenerwerbstätigkeit zu erhöhen. "Es ist ein Maßnahmenbündel erforderlich, das die Kinderbetreuung weiter ausbaut sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stark verbessert“, fügt der Ökonom hinzu.
Die Parteienlandschaft ist beim Ehegattensplitting gespalten
Die Beibehaltung, Abschaffung oder Veränderung des Ehegattensplittings ist auch im Bundestagswahlkampf ein umstrittenes Thema. Von den sechs im Bundestag vertretenen Parteien wollen nur CDU und FDP am Ehegattensplitting in seiner jetzigen Form festhalten. Grüne, Linke, SPD und AfD wollen es abschaffen oder durch ein andere Verfahren ersetzen, die sich jedoch stark voneinander unterscheiden.
Die Diskussion ist geschlossen.
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1360.html
Es wäre klar verfassungswidrig, wenn die Ehe nur finanzielle Nachteile haben würde.
Den Pflichten bei intakter Ehe muss auch irgendein Vorteil gegenüber stehen!
§ 1360 Verpflichtung zum Familienunterhalt
>> Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts. <<
Ich würde da Ehegattensplitting auch auf Nichtverheiratete Paare ausweiten.
Im Krankenhaus bekomme ich keine Auskunft über den Zustand meines Partners, da nicht verheiratet.
Allerdings muss ich zahlen, wenn mein nicht verheirateter Partner in Notlage gerät.
DEUTSCHES RECHT - wie schwachsinnig ist das denn
Nein ist es nicht. Im Gegensatz zu einen verheirateten Paar sind sie nicht lebenslang unterhaltspflichtig, sondern nur bei Hartz4 eine Befarfsgemeinschaft, die endet wenn einer auszieht. Ehe bedeutet eine Verpflichtung einzugehen. Partnerschaften ohne Trauschein eben nicht.
Ausweiten von ehegattensplitting auf nichtverheiratete wäre Schwachsinn. Wenn man die Vorteile haben will, muss man auch die Nachteile u.a. lebenslängliche unterhaltspflicht annehmen.
Ziemlich reißerisch dargestellt: bis zu 16.000 € im Jahr. Daß diese "Steuerersparnis" erst ab 550.000 € Einkommen zustande kommt, wird erst weiter unten erklärt. Sie sollten gegenrechnen, wieviel Ersparnis der Staat, also wir alle, hat, wenn einem Ehepartner kein Arbeitslosengeld zusteht.
In der Arbeitslosenversicherung werden keine Risikoprämien erhoben, sondern es gilt das Solidaritätsprinzip. Und das ist gut so: Denken wir an die vielen „Familienpolitiker“ im bayerischen Landtag, als Verträge mit Familienangehörigen möglich waren. Bei einem Verzicht auf die Bedürftigkeitsprüfung würden einem viel größeren Kreis (Familienunternehmen, Freiberufler, …) ähnliche Freiräume eröffnet.
Übrigens, Risikoprämie würde auch bedeuten, dass für von Arbeitslosigkeit besonders bedrohte Bereiche sehr hohe Beiträge zu entrichten sind, bei sicheren Arbeitsplätzen (Öffentlicher Dienst, früher vielleicht auch Banken und Versicherungen) dagegen nur geringe.
Bei AL 1 ist das Einkommen vom Ehegatten egal.
Beim AL 2 dagegen nicht. Aber wie das Einkommen vom verheirateten Partner dort angerechnet wird, wird auch das Einkommen des unverheirateten Partners angerechnet wenn diese zusammen leben - Stichwort Bedarfsgemeinschaft. Der Staat spart sich maximal was, wenn die Ehepartner in Trennung leben. Und dann kann der Ehepartner die Unterhaltszahlungen von der Steuer absetzen.
Bleibt also nur FDP oder CDU zu wählen. Der Rest will seine kranken DDR Fantasien ausleben auf Kosten normaler Familien, in denen tatsächlich die Kinder noch von eben Ehegatten liebevoll betreut und erzogen wird. Kranke Welt. Wer sich selbst um seine Kinder kümmern will, wird bestraft. Schon jetzt sind in viele Familien beide Eltern gezwungen vollzeit zu arbeiten, um über die Runden zu kommen, manche mit zweit und dritt Job. Kein Wunder, dass mangels vernünftiger Sozialisierung in einer Familie immer mehr Gestörte unterwegs sind.
Hier wird versucht eine Ungerechtigkeit als sozialistische Errungenschaft zu verkaufen. Wer mehr davon will, soll sich ansehen, wie glamourös das Leben in der DDR - nicht - war.
Von den Steuerplänen der CDU und FDP profitiert hauptsächlich deren besserverdienendes Klientel: https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/wirtschaft/steuern-wer-von-den-plaenen-der-parteien-profitiert-e954474/
Abgesehen davon haben die Grünen und die SPD einen Bestandsschutz für bestehende Ehen festgeschrieben. Was wollen Sie also mit Ihren Stammtischparolen erreichen, Herr B.?
Herr Andres B., ich denke, ich habe ein ähnliches Familienbild wie Sie. Trotzdem wähle ich diesmal nicht die Union. Und die FDP sowieso nicht: Obgleich sie beim Ehegattensplittung einen Vorschlag gemacht hat (https://www.fdp-bayern.de/news/fdp-will-veraltetes-ehegattensplitting-modernisieren/), glaube ich nicht, dass ihr soziale Gerechtigkeit ein ernsthaftes Anliegen ist. In der Vergangenheit hat es sich gezeigt, wirklich wichtig sind ihr Steuergeschenke für die eigene Klientel.
Gegen die CSU spricht, dass sie bei der letzten Bundestagswahl eine Garantie für die Gleichstellung der vor 1992 geborenen Kinder bei der Mütterrente gab, trotzdem hat sie das nicht vollumfänglich durchgesetzt. War ihr offensichtlich doch nicht wichtig genug. Und nun kommt die klare Ansage von Armin Laschet: „Der CDU-Chef lehnt eine Erweiterung der Mütterrente ab.“ (https://www.n-tv.de/politik/Laschet-kassiert-Soeders-rote-Linie-article22801550.html)
Laschet engagiert sich für höhere Militärausgaben (2 % - Ziel). Z. B. die Finanzierung des überwiegend französischen Militärjets aus dem deutschen Bundeshaushalt scheint ihm wichtiger zu sein als soziale Gerechtigkeit in unserem Land. Und dann sind da auch noch die Auslandseinsätze der Bundeswehr: So wird offiziell zwar „nur“ von Kosten in einem zweistelligen Milliardenbetrag beim Afghanistan-Einsatz gesprochen, aber bei einer Vollkostenrechnung kommt man sicherlich zu einem mindestens 10x höheren Betrag. – Es gibt ja auch kein Wirtschaftsunternehmen, das sagt, der Außendienst kostet mich nur die Reisekosten.)
Zurück zum Thema Familie: Mir ist jetzt klar, meine heute 92-jährige Mutter bekommt in ihrem Leben nicht mehr den ihr geziemenden Respekt für ihre Leistung (hier möchte ich ihre größte Leistung gar nicht nennen, weil ganz persönlich, Bäuerin mit fünf Kindern soll hier reichen).
Viele Familien existieren ohne Trauschein. Ausserdem gibt es viele Ehepaare ohne Kinder. Also wozu dann das Ehegattensplitting? Den einzigen Sinn vom Ehgattensplitting ist vielleicht die lebenslängliche Unterhaltspflicht schmackhafter zu machen.
Sinnvoller wäre ein Familiensplitting wenn man Kinder steuerlich fördern will. Mit dem Ehegattensplitting werden in erster Linie Ehepartner ohne Kinder bevorzugt. Bei Frauen sind Kinder eben meistens ein Karriereknick. Somit hat eine verheiratete Mutter weniger davon als die kinderlose, deren Karriere keinen Kinderknick / - Pause hatte.
>> Mit dem Ehegattensplitting werden in erster Linie Ehepartner ohne Kinder bevorzugt. <<
Der Fall Arbeitslosigkeit eines Partners scheint mir doch auch nennenswert - mit oder ohne Kinder.
@Peter P.
Beim AL 1 ist das Einkommen des Ehepartners egal.
Bei AL 2 ist das Einkommen eines Lebenspartner ohne Trauschein durchaus ausschlaggebend außer diese wohnen nicht zusammen (Bedarfsgemeinschaft). Gilt auch für die Steuerklasse 2.
Was eher für Eheleute belasten sein kann, ist die lebenslange gegenseitige Unterhaltspflicht.