Mit Google-Bewertungen und Tinder gegen die russische Propaganda
Mit Informationen über den Krieg in der Ukraine in Google-Bewertungen und auf Tinder versuchen Nutzer, Zensur- und Propagandamaßnahmen in Russland zu umgehen.
Der Krieg in der Ukraine wird nicht nur mit Gewehren, Panzern und Kampfjets ausgefochten. Im Internet tobt ein Informationskrieg. Weil das Netz und die Medien in Russland stark eingeschränkt sind, versuchen Aktivistinnen und Aktivisten die Zensurmaßnahmen zu umgehen und greifen dabei auf ganz alltägliche Anwendungen wie die Dating-App Tinder oder Bewertungen bei Google Maps oder Tripadvisor zurück. Doch die Konzerne gehen inzwischen gegen diese Praktiken vor.
Tinder ist normalerweise eine Dating-Plattform. Wie sollen darüber Informationen über einen Krieg verbreitet werden? Die Idee ist simpel: Aktivistinnen und Aktivisten ändern ihren Standort auf Russland und schreiben in ihre Profilbeschreibung oder im Chat mit russischen Nutzerinnen und Nutzern Informationen über den Krieg in der Ukraine. Auch ein Profilbild mit einem entsprechenden Text ist möglich. Mitmachen können aber nicht alle. Um den Standort ändern zu können, müssen Nutzerinnen und Nutzer Tinder Plus für etwa zehn Euro im Monat abonnieren.
Gegen Propaganda: Anonymous ruft zum "Review-Bombing" von Restaurants in Russland auf
Diese Aktion ist nur ein Teil des Informationskriegs. Das Hacker-Kollektiv Anonymous kündigte nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Hackerangriffe auf russische Websites an. In der sogenannten "Operation Russia" hackten sie beispielsweise die Seiten des russischen Fernsehsender Russia Today oder die verschiedener russischer Regierungsorgane und legten diese lahm.
Für Aktivistinnen und Aktivisten, die nicht so technisch begabt sind wie die Hackerinnen und Hacker von Anonymous, hat das Kollektiv auch einen Vorschlag, wie sie sich am Informationskrieg beteiligen können. "Geht zu Google Maps. Geht nach Russland. Findet ein Restaurant oder ein Geschäft und schreibt eine Bewertung. Wenn ihr die Bewertung schreibt, erklärt, was in der Ukraine passiert", schreibt das Hacker-Kollektiv auf Twitter. Die Idee hat Anonymous jedoch von einem anderen User. An den Tweet war auch ein Beispieltext auf Russisch angefügt.
Obwohl seit dem Aufruf zum sogenannten "Review-Bombing" einige Tage vergangen sind und einige User Screenshots ihrer Bewertungen auf Twitter posteten, sind bei Google Maps kaum Restaurant-Bewertungen mit Hinweisen auf den Krieg in der Ukraine zu finden. Das kann an den zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen liegen, die der Konzern als Reaktion auf den Aufruf getroffen hat.
Krieg in der Ukraine: Google und Tripadvisor gehen gegen aktivistische Bewertungen vor
Gegenüber dem Wall Street Journal gab eine Google-Sprecherin an, dass Google Maps seit Montagnacht damit begonnen hatte, neue benutzergenerierte Bewertungen russischer, ukrainischer und weißrussischer Standorte vorübergehend zu blockieren, damit diese nicht auf der Plattform erscheinen. Außerdem würden keine neuen Fotos und Videos aus der Region veröffentlicht werden. Die Maßnahmen wurden eingeführt, um die Veröffentlichung von Inhalten zu überwachen und zu verhindern, dass sie gegen die Unternehmensrichtlinie verstoßen. In diesen heißt es: "Maps soll kein Forum für Nutzer sein, die sich zu politischen, sozialen oder persönlichen Themen äußern möchten."
Auch die US-amerikanische Touristikwebsite Tripadvisor hat wegen dieser Aktion die Bewertungen von Restaurants, Hotels und Sehenswürdigkeiten in Russland ausgeschaltet. Auf deren Seiten steht in roter Schrift: "Nachricht von Tripadvisor: Aufgrund eines aktuellen Ereignisses, das die Aufmerksamkeit der Medien erregt hat und einen Anstieg an Bewertungseinreichungen zur Folge hatte, die keine persönlichen Erlebnisse widerspiegeln, werden wir für diesen Eintrag vorübergehend keine neuen Bewertungen veröffentlichen. Sollten Sie dieses Unternehmen besucht haben und uns von Ihrer persönlichen Erfahrung berichten wollen, schauen Sie bald wieder vorbei. Wir freuen uns auf Ihre Bewertung!"
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